Kürzlich habe ich wieder einen Schulworkshop zum Thema „Berufsorientierung“ mit mehreren Gruppen moderiert. Das Erlebnis lässt mich nicht los. Vor mir saß die Generation Y – helle Köpfe, auffallend diszipliniert und geduldig. Und durchaus interessiert, sich auf ungewohnte Fragen einzulassen. Der Einstieg allerdings beschäftigt mich nachhaltig. Auf die Frage: „Wisst Ihr, was euch heute hier erwartet?“ folgte kollektives Schweigen. Dann, auf beharrliches Nachfragen: „Irgendwas mit Beruf.“ – „Mehr hat man euch nicht mitgeteilt?“ Schulterzucken.
In der Pause sprach ich einen Lehrer an und erzählte ihm von dem Erlebnis. Er seufzte und erklärte, dass man im Vorfeld abgefragt habe, welche Themen für die Berufsorientierungstage interessant seien. Dann habe man alle Familien angeschrieben, die Inhalte des Workshops mitgeteilt und dabei aufgefordert, den notwendigen Eigenanteil zu überweisen. Er wisse auch nicht, was man sonst noch tun könne.
Was mir dabei Kopfzerbrechen macht: Wieso fragt keiner der jungen Leute nach? Wieso gehen sie nicht zu ihren Lehrern und wollen wissen: „Warum sollen wir dort hingehen? Was kommt da auf uns zu? Was habt Ihr euch dabei gedacht? Wozu soll das gut sein?“ Ist diese Generation wirklich so anspruchs- bzw. erwartungslos? So folgsam und brav?
Aber halt: Hätten wir vor 30 oder 40 Jahren solche Fragen gestellt? Haben wir wissen wollen, warum man uns in viereckige Räume mit zu niedrigen, unbequemen Stühlen gesteckt hat? Uns Wissen eingetrichtert hat, das wir spätestens nach der nächsten Klausur vergessen hatten? Uns die gleichen Texte hat lesen und interpretieren lassen, die heute noch in den Lehrbüchern stehen?
Ist es nicht irgendwie nachvollziehbar, dass Menschen, die viele Jahre lang brav fünf mal die Woche in ihre Bildungsanstalt laufen, irgendwann das „In Frage stellen“ verlernt haben? Und die ergeben darauf warten, dass irgendwann damit Schluss ist – um anschließend in verschulten Bachelor-Studiengängen weiterhin geduldig und erwartungslos Wissen in sich hineinstopfen? Irgendwie bitter…
Übrigens: Die Workshops haben richtig Spaß gemacht. Manchmal ist es offenbar doch möglich, in kahlen Räumen mit Tischen und Stühlen, die in Reih und Glied stehen, etwas Neues zu erleben…